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10. Dezember 2018

Épidémie française

Presswerk Badezimmerabdeckung

Heute wird in der Schule ja angeblich vermehrt auf Leseverständnis gesetzt. Früher war das noch anders. Früher musste ein Lernplan erfüllt werden. Es gab abgestimmte Lehrmittel, die während eines Schuljahres durchgeackert werden mussten. Kompromisslos wurde Wissen in unsere Kindsköpfe eingedengelt wie im Mittelalter die Messingbeschläge in Schatztruhendeckel heute längst verwester Inquisitoren. Wer meinte, während des Unterrichts seine soziale Kompetenz dadurch aufzubessern, indem er herumalberte oder dem Lehrkörper tote Mäuse ins Pult schmuggelte, den traf die erzieherische Härte desjenigen. Kiloschwere Schlüsselringe flogen durchs Klassenzimmer, Bambus hob auf Fingerkuppen. Kurz, es galten Zustände wie zu Gotthelfszeiten. Die Fehlbaren bluben, bei schonungsvollem Vollzzug der Strafen mindestens auf der Strecke. Wenn dich die volle Härte traf, dann konnte das schon auch bedeuten, dass es dich in die schnell drehende Abwärtsspirale einsog. Dein Leben pendelte dann innerhalb der Eckpfeiler Primarschule, Drogen und Gottesfurcht. Wehe-wehe!

Mich sog es zum Glück nicht ein, war ich doch stets der artige Kuscher. Ich füllte im Rechenunterricht Bigeli um Bigeli und merkte erst spät, dass aus den unsinnigen Textaufgaben, mit welchen wir später gequält wurden, kein Staat zu machen war. Bauer Fleischmann hatte vierzehn Kühe. Bei der Auktion am vergangenen Montag verkaufte er drei Kühe à 2400.- und kaufte vom Erlös fünf Schafe zu einem Preis von wasweissich.
Solches Zeug halt. Mein Gott. Was sollten wir daraus fürs Leben lernen? Niemand wollte Bauer werden. Die Bauern, die es in unserer Kleinstadt noch gab, waren alle ledig und wir kannten sie vor allem deshalb, weil sie uns auf dem Nachhauseweg von der Schule nachstellten oder in entlaubten Brombeerhecken herumlungerten und sich ihr entblösstes, schrundiges Gebimsel kraulten. Was wohl wird Bauer Fleischmann im Schilde führen, wenn er seine Kuhherde verhökert und Schafe kauft?

Die Lehrer der naturwissenschaftlichen Fächer waren insbesondere dazu verurteilt, uns Wissen näherzubringen, von dem wir uns nur schwer vorstellen konnten, es jemals gewinnbringend abrufen, ja gar anwenden zu können. Klar gab es bereits den ein oder anderen verschrobenen Spinner, der mit seinem Kosmoskasten zu Hause Schwarzpulver herstellte und sich dafür im Chemielabor heimlich eine Extraportion Salpeter abzweigte. Wozu man das Schwarzpulver dann aber konsequenterweise einsetzen konnte, lernten wir dann, ob aus Ignoranz oder aus Sicherheitsgründen im Fach Geschichte leider nicht.

Lehrer musischer Fächer oder Lehrer von Sprachen waren mehr oder weniger gefeit davor, solcherlei Hürden überwinden zu müssen. Es gab natürlich andere Hürden, allerdings oblag es, exemplarisch am Fach Französisch betrachtet, meistens mir, sie zu überwinden. Die Académie française -  my own private Bastille -  hielt sie in unüberschaubarer Menge für mich bereit.
Kleines Beispiel gefällig? Der Franzose kennt offenbar, um das prollige S-c-h[Äss-Zeh-Ha]-gezische zu articulieren mannigfaltig Möglichkeiten. Schöne Schissträck - dachte ich. Nicht mit mir - mit mir nicht! Man wird mich dann schon verstehen, dachte ich. Für den unvorstellbaren Fall, einmal in Paris eine Portion Pommes bestellen zu müssen.
Die Etudes Françaises mit ihrem Cours de base Premier degré und mit ihm mein Französischlehrer waren anderer Meinung. Das Lehrmittel - ein ausgeborenes Werk des Teufels - hatte zu diesem Zweck einen Term auf Lager, den wir drillpistenmässig aufsagen mussten. So lange, bis er uns zu den Ohren hinauslief:

Monque Leroc a un joli gilet jaune.
Monque Leroc a un joli gilet jaune.
Monque Leroc a un joli gilet jaune.
Monque Leroc a un joli gilet jaune.

Was für ein ausgemachter Mist. Dreimal SCH: Einmal hart, einmal weich, einmal scharf und einmal verschluckt. Die ganze Palette aussprachlicher Nuancen, wie sie sonst höchstens noch der Russe kennt, festgeschraubt in seiner korsettähnlichen Folterkammer kyrillischer Schreibwaffeln. Meine erste Reaktion damals (leise in mich hineingebrummelt): "Wozu soll ich das jemals brauchen in meinem" - damals noch sehr hoffnungsvollen - "Leben !?"

Gestern blieb ich beim gelangweilten Rumzappen bei TF1 hängen, und ich wusste plötzlich die Antwort auf eine meiner ersten Lebensfragen. Ist das nicht schön?

D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r.ç h

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Kommentare (2)  - Etwas Senf dazu?